Interview mit Kūlson-CEO und Co-Gründer Benjamin Hoffmann

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Das junge Berliner Sneaker-Label Kūlson hat sich viel vorgenommen. Das beginnt schon beim Design ihrer Modelle, die sowohl den klassischen Sneaker-Kunden als auch die Liebhaber von Casual-Styles ansprechen sollen. Die cleanen, zeitlosen Sneakers der Berliner orientieren sich am skandinavischen Minimalismus. Kūlson möchte aber nicht nur stylische und bequeme Sneaker verkaufen sondern diese auch zu fairen und nachhaltigen Bedingungen herstellen.

So findet die Produktion in der Nähe von Porto statt. Alle Materialien stammen aus Europa, was die Transportwege möglichst kurz halten soll. Ein kleiner Teil der Erlöse fließt zudem später zurück in nachhaltige Projekte, die sich mit der Reinigung der Meere beschäftigen. Wir sprachen mit Co-Gründer und CEO Benjamin Hoffmann über die Philosophie hinter der Brand, die nächsten geplanten Schritte und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Geschäft.

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Was war Euer Impuls oder Eure Motivation ein eigenes Sneaker-Label zu gründen?

Letztlich war es die pure Liebe zum Sneaker, die Begeisterung für hochwertige Handarbeit und der Traum von einem eigenen Produkt, mit dem man gleichzeitig etwas Gutes tun kann. 

Wir wollten eine „Win-Win-Win Situation“ kreieren: Für uns als Hersteller, für unsere Kundschaft, und für die Umwelt. 

KULSON-Sneaker

Wie seid Ihr auf Kūlson gekommen und was hat es mit dem Spatz im Logo auf sich?

Kūlson bedeutet auf schwedisch etwas wie „Kind des Spaßes“ oder „gute Schöpfung“. Beides passte zu uns wie die Faust aufs Auge und der skandinavische Einfluss zog sich von Anfang an durch unser Designkonzept. Den Spatz in unserem Logo sehen wir als unseren zeitlosen kleinen Großstadt-Veteran, der überall in der Welt zu Hause ist und mehr drauf hat, als man auf den ersten Blick denkt. Sowohl unsere recycelten Sohlen und Fußbetten als auch unser Spendenversprechen ans Meer sieht man den Sneakers ja nicht direkt an. Also fanden wir die Logo-Idee sehr passend. 

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Ihr produziert in Portugal, das Leder kommt aus Italien. Wie schwierig war es, die dafür notwendige Lieferkette aufzubauen und die richtigen Partner (Lieferanten, Fabriken) zu finden?

Es hat seine Zeit gedauert, aber es war eine spannende Phase. Schließlich sind wir irgendwann einfach nach Portugal geflogen und haben jeder Produktionsstätte, die für uns nach einiger Recherche in Frage kam und zum damaligen Zeitpunkt auch mit uns reden wollte, einen Besuch abgestattet. Bei unseren Materialien haben wir dann einfach wahnsinnig viel getestet. Am Ende hilft einem dann die langjährige Erfahrung der Menschen vor Ort sehr. 

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Der Style der Kūlson-Sneaker ist sehr minimalistisch und zeitlos. Gibt es Überlegungen, das Portfolio um andere, vielleicht sportlichere Styles zu erweitern?

Minimalistisch und zeitlos klingt schon mal sehr gut, also dafür erst einmal „Dankeschön“. Wir werden unserer Silhouette zunächst treu bleiben, auch wenn wir ständig an Feinheiten arbeiten und die Modelle konstant verbessern. Komplett andere Style-Varianten haben wir für 2020 nicht geplant. Dennoch basteln wir an weiteren Colorways. Dass in der Zukunft auch noch andere Kreationen unter dem kūlson-Label erscheinen werden, will ich auf keinen Fall ausschließen. 

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Wie läuft die für 2020 geplante Expansion? Gibt es Anpassungen durch COVID-19?

Covid-19 geht leider auch an uns nicht spurlos vorbei. Die Menschen sind momentan verunsichert, was sich auch bei uns in den Verkaufszahlen etwas widerspiegelt. Unser Shop läuft und funktioniert aber nach wie vor und wir sind guter Dinge, dass diese merkwürdige Zeit bald vorüber ist. Aktuell an Partner heranzutreten ist nicht ganz einfach, denn die meisten Geschäfte haben gerade andere Sorgen. Wir treiben diese Entwicklung trotzdem voran und fokussieren uns auf Online-Partner. Sobald der Spuk vorbei ist, greifen wir auch physisch wieder an. 

Inwieweit bedroht die Corona-Pandemie Eure Lieferkette und die Verfügbarkeit der Ware?

Wir dachten anfangs, dass sich unsere europäische Lieferkette mit anschließender lokaler Produktion in Portugal nun noch einmal besonders bezahlt macht und wir nicht in Produktionsschwierigkeiten geraten würden. Aber dann fiel der „Watschenbaum“ auch hier in Europa. Zunächst brachen Stück für Stück die Lieferketten unserer Zulieferer zusammen. Etwas später kam dann auch unsere Produktion in Portugal zeitweise komplett zum Erliegen. Das bringt uns natürlich in Schwierigkeiten, aber es war die völlig richtige Maßnahme, denn auch für uns als Sneaker-Liebhaber sind Menschenleben im Rang dann doch deutlich höher anzusiedeln als schöne Schuhe. Mit unseren drei aktuellen Hauptmodellen haben wir keine Probleme. So sind genügend Sneaker hier bei uns in Berlin online verfügbar. Der Launch unserer neuen Farben, der eigentlich fürs Frühjahr angesetzt war, wird sich hingegen deutlich nach hinten verschieben.

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Wie sah vor Corona die Aufteilung der Umsätze zwischen On- und Offline aus und was wird sich an diesem Verhältnis voraussichtlich in der Zukunft ändern?

Der eigene Onlineshop ist unser stärkster Vertriebskanal. Schon immer machen wir den Hauptteil unserer Umsätze online. Dieses Jahr wollten wir eigentlich einen stärkeren Fokus auf Retail legen, was nun etwas schwieriger wird, denn viele Shops hat es als Folge der Corona-Krise hart getroffen. Insgesamt denke ich, es kommt auf die richtige Kombination aus On- und Offline an. Onlinekanäle haben in der Relevanz aber gerade definitiv noch mal einen extra Push bekommen.

Seid Ihr auf staatliche Hilfe (Kredite, Zuschüsse) angewiesen oder habt Ihr diese bereits beantragt?

Bis zu dem Tag, an dem wir die Nachricht über die durch Corona ausgelöste, vorrübergehende Schließung unserer Produktionsstätte in Portugal erhielten, hatten wir versucht, ohne die staatlichen Zuschüsse auszukommen. Diese wollten wir den Menschen überlassen, die es noch schlimmer getroffen hat. Wir versuchten, unsere Umsatzeinbußen alleine zu stemmen. Allerdings nahmen mit der Schließung der Produktion unsere Probleme überhand. Deshalb beantragten wir schließlich die Soforthilfe, die uns auch umgehend zugesichert wurde. Hier wird zwar viel gemeckert, aber oft kann man sich in Deutschland auf Dinge verlassen, an die woanders nicht zu denken wäre. Dafür ein herzliches Dankeschön! Wir wissen diese staatliche Hilfe sehr zu schätzen. 

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Wie würdet Ihr den typischen Kūlson-Kunden beschreiben? Wisst Ihr, wer Eure Sneaker kauft und trägt?

Unser Kundenkreis ist ziemlich breit gefächert, aber in der Regel zwischen 22-45 Jahre alt, männlich als auch weiblich, stilbewusst und auf der Suche nach etwas Besonderem, was aber trotzdem zu fast jedem Outfit passt. Wer bei uns kauft, legt meist Wert auf Qualität und auf die Herkunft der Dinge, mit denen sie oder er sich umgibt. Idealerweise hat er/sie auch noch ein Herz fürs Meer, so wie wir.


Wir bedanken uns für das Interview und wünschen euch weiterhin auch in dieser Situation viel Erfolg!

Credits: Kūlson

Marcus Wessel

Marcus Wessel

Marcus Wessel lebt und arbeitet als freier Redakteur in Köln. Er ist seit über 20 Jahre Teil der Sneakerszene. Seit 2012 betreibt er den Blog Sneakerzimmer, der sich mit den Themen Turnschuhen und Reisen befasst. Journalistische Erfahrung sammelt er bei verschiedenen Print- und Online-Medien. Seine Sneaker-Leidenschaft geht bis auf die 90er-Jahre zurück und auf Modelle wie den Nike Air Max 1 und später den Asics Gel-Lyte III. Seine Lieblingsstadt ist New York und sein liebstes Hobby das Kino.